Samstag, 12. Dezember 2009

Resilienz

Resilienz
Krisen können stark machen – aber wie?
Von G. Achterhold
Stehaufmännchen-Qualitäten sind in der Arbeitswelt so wichtig wie noch nie. Fehlende Perspektiven, Umstrukturierungen und Streß sind an der Tagesordnung. Doch die Fähigkeit, mit Krisen umzugehen, ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Sogenannte Resilienz-Strategien können helfen, schwierige Situationen leichter zu meistern.

Unter Resilienz versteht man die seelische Widerstandsfähigkeit eines Menschen. Der Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet Elastizität, Schwung, Unverwüstlichkeit. Jeder kennt das Phänomen: Während der eine Rückschläge locker wegsteckt, aus Krisen sogar gestärkt hervorgeht, berappeln sich andere nur mühsam. Kinder werden als resilient bezeichnet, die in einem risikobelasteten sozialen Umfeld aufwachsen, das durch Armut, Drogenkonsum und Gewalt gekennzeichnet ist - und sich dennoch zu erfolgreich sozialisierten Erwachsenen entwickeln. Eine der spektakulärsten Untersuchungen war die „Kauai“-Studie auf Hawai. Über einen Zeitraum von 40 Jahren, bis in die 90er Jahre hinein, beobachtete die Entwicklungspsychologin Emmy Werner 700 Kinder aus schwierigen Verhältnissen. Ein Drittel der Probanden verkraftete die widrigen Umstände gut und wuchs in stabile Lebens- und Familienverhältnisse hinein. Das Ergebnis stellte die Lehre von der frühkindlichen Prägung auf den Kopf. Aus den Befunden läßt sich schließen, daß sogenannte protektive Schutzfaktoren existieren, die die Wirkung von Risikofaktoren beeinflussen. Aber welche Faktoren sind das? Welche Fähigkeiten haben lebenstüchtige Kinder, die andere aus ganz ähnlichen Familien nicht haben? Sind diese Eigenschaften angeboren oder lassen sie sich aneignen? Diesen Fragen ist der junge Forschungszweig heute auf der Spur. Die gute Nachricht: Resilienz ist lernbar.

Erkenne ich, wenn ich unter Streß stehe und wann ich um Hilfe bitten muß?

„Es ist wie mit dem Glück“, stellt Resilienz-Expertin Micheline Rampe fest. „Ein bißchen bekommt man als Geschenk mit auf den Weg, den Rest, das entscheidende ›Mehr‹ muß sich jeder selbst erarbeiten.“ In ihrem Buch „Der R-Faktor“ beschreibt die Autorin das „Geheimnis unserer inneren Stärke“. Anhand von Fragebögen und Beispielen stellt sie Methoden und Übungen vor, die der Selbsteinschätzung auf die Sprünge helfen und Strategien zur Bewältigung von Krisen anregen. Sieben Faktoren sind entscheidend für die individuelle Krisenfestigkeit: Optimismus, Akzeptanz und Zielorientierung, die Fähigkeit, die Opferrolle zu verlassen, Verantwortung zu übernehmen, Netzwerke zu nutzen und nicht zuletzt seine Zukunftsplanung sehr konkret in die Hand zu nehmen (siehe Kasten). Stärkung der mentalen Verfassung bedeutet, sich dieser Fähigkeiten bewußt zu werden und sie gezielt einzusetzen. Resiliente Menschen zeichnen sich durch ein kontaktfreudiges Temperament aus, sie sind optimistisch, durchsetzungsfähig und seelisch ausgeglichen. Sie akzeptieren Krisen, sind aber der festen Überzeugung, daß sich die Dinge wieder zum Besseren wenden werden. „Niemand kann sich von Grund auf verändern“, betont Rampe. „Aber wer seine Achillesferse kennt, wird wieder handlungsfähig.“

Psychisch widerstandsfähig zu sein hat nichts damit zu tun, alles durch die rosarote Brille zu sehen und Schwierigkeiten oder Kummer zu ignorieren. Im Gegenteil. Die bewußte Auseinandersetzung mit Niederlagen, die Verarbeitung von Trauer, ist die Voraussetzung, wenn es konstruktiv weitergehen soll. Liz Taylor, Joschka Fischer oder Herbert Grönemeyer sind prominente Paradebeispiele. Alle drei steckten in schweren Lebenskrisen und zogen sich mit eigener Kraft aus dem Sumpf. Wie Stehaufmännchen, die schwanken, aus dem Gleichgewicht geraten und sich nach einigem Hin und Her wieder aufrichten. Ganz gleich, ob es sich um einen persönlichen oder einen beruflichen Umbruch handelt, entscheidend ist, wieder aktiv zu werden, einen anderen Blickwinkel einzunehmen, Verbündete zu suchen. Sich in die Frustecke zurückzuziehen, passiv zu werden, ist einer der größten Fehler, wenn es darum geht, die innere Balance wiederzufinden.

„Nicht länger die Defizite, sondern die Stärken eines Menschen in den Mittelpunkt zu stellen, ist eine neue Herangehensweise“, stellt Arbeitspsychologe Eric Wenzel von Lee Hecht Harrison Deutschland (LHH) fest. Ein positiver Ansatz, der besonders in Krisenzeiten Charme entwickelt. Existentielle Umbrüche wie Standortverlegungen oder Firmenzusammenschlüsse können schließlich jeden aus der Bahn werfen. In den Vereinigten Staaten bietet das amerikanische Beratungsunternehmen LHH seit Jahren Resilienz-Seminare an. Auch in Deutschland hat es sich jetzt mit einer eigenen Abteilung auf Veränderungssituationen in Unternehmen spezialisiert. „Wir geben Beispiele von Menschen, die erfolgreich mit Krisen umgegangen sind, regen jedoch in erster Linie die Eigenreflexion an“, so Wenzel, der die Workshops betreut: Erkenne ich, wenn ich unter Streß stehe und wann ich um Hilfe bitten muß? Welche Fähigkeiten werden in den nächsten fünf Jahren in meinem Job gefordert sein? Welche besonderen Talente habe ich? „Jeder hat in der Vergangenheit schon schwierige Situationen gemeistert, zum Beispiel bei der Jobsuche“, so der Psychologe. „Wir untersuchen gemeinsam, welche Mechanismen damals angewandt worden sind, und knüpfen an diesen positiven Erfahrungen an.“ Die Teilnehmer sind Arbeitsgruppen, die auf anstehende Veränderungen in ihren Unternehmen vorbereitet werden. Aber auch Führungskräfte, die für das Thema sensibilisiert werden sollen. Schließlich ist es auch in ihrem Interesse, daß Teams bereit und in der Lage sind, Umwälzungen im Betrieb mitzutragen.

Entscheidend ist, in die Offensive zu gehen.“

Niemand will passiver Spielball sein. Doch die Gefahr ist groß. Wer sich erst einmal in sein Schneckenhaus zurückgezogen hat, verliert das Gefühl, die Situation unter Kontrolle zu haben. Um der Abseitsfalle zu entkommen, untersuchen Workshop-Teilnehmer ihre Situation: Was genau ist passiert? Welche Konsequenzen kann die Standortverlagerung für mich haben? Kann ich sie beeinflussen? Gedankliche Planspiele, die den Blickwinkel verändern können - und damit die innere Haltung. „Entscheidend ist“, so Wenzel, „in die Offensive zu gehen.“ Dem Vorgesetzten zu zeigen, daß man die Spielregeln kennt. Deutlich zu benennen, welche Rahmenbedingungen nötig sind, um diesen Prozeß kreativ zu begleiten - einen Computerkurs, zum Beispiel, oder eine Fortbildung. „Wer aktiver Agens sein will, muß sich konkrete Ziele setzen. Und zwar realistische, die auch erreicht werden können.“

Buchtip:
Micheline Rampe: Der R-Faktor. Das Geheimnis unserer inneren Stärke
Eichborn Verlag, 2004, 270 Seiten, 16,90 Euro

Ein ganzes Bündel von Faktoren bestimmt, wie Misserfolge und Lebenskrisen verarbeitet werden: 6 Faktoren
Quelle
1 Optimismus
Eine optimistische Lebenseinstellung ist das wichtigste Merkmal der Resilienz: Krisen werden nicht als unüberwindliches Hindernis gesehen. Optimisten erkennen die Realität an, gehen aber davon aus, daß negative Ereignisse grundsätzlich eine befristete Angelegenheit sind, auf deren Verlauf sie Einfluß haben.

2 Akzeptanz
Wenn die Gefühle nach einem schweren Schlag abflauen, wird es Zeit für eine nüchterne Bestandsaufnahme: Was kann ich aus dieser Situation machen? Wer die Lage akzeptiert und sie als Herausforderung versteht, nimmt sein Schicksal wieder selbst in die Hand.

3 Lösungen finden
Schicksalsschläge sind nicht zu beeinflussen. Die Konsequenzen liegen jedoch bei jedem selbst. Welche potentiellen Lösungen gibt es für den Konflikt? Wie bekomme ich wieder Kontrolle über die Situation? Was sind meine Ziele? Wie gehe ich mit dem Streß um, der Krisen begleitet?

4 Die Opferrolle verlassen
Auch resiliente Menschen sind vor der Opferrolle nicht gefeit. Nach einer gewissen Zeit gelingt es ihnen jedoch, anders über die Situation zu denken. Wer das Gefühl hat, wieder selbst am Ruder zu sein, fühlt sich nicht als Marionette und denkt in die Zukunft.

5 Verantwortung übernehmen
Sich automatisch den Schwarzen Peter zuzuschieben ist kontraproduktiv. Wer den eigenen Anteil an der Krise realistisch einschätzt und zugleich analysiert, welche äußeren Umstände zu den Problemen geführt haben, ist schneller über den Berg. Unfallopfer beispielsweise, die mit ihrem Schicksal hadern, erholen sich langsamer von ihren Verletzungen als Patienten, die daran glauben, nicht oder nicht ausschließlich schuld zu sein.

6 Netzwerke bilden
Widerstandsfähige Menschen versuchen gar nicht erst, ihre Probleme im Alleingang zu lösen. Sie suchen Ansprechpartner, die nicht nur Sprüche klopfen (Anderen geht's noch schlimmer!), sondern effektiv weiterhelfen können. Zwei Drittel aller Jobs tauchen niemals in Stellenanzeigen auf. Wer beruflich neue Perspektiven sucht, muß den Hörer in die Hand nehmen: Wer kennt wen, wer hat wohin Verbindungen, welche Gerüchte über Jobs und Pleiten gehen um?
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Buchtip:
Micheline Rampe: Der R-Faktor. Das Geheimnis unserer inneren Stärke
Eichborn Verlag, 2004, 270 Seiten, 16,90 Euro

 Resilienz (von lateinisch resilire ‚zurückspringen', ‚abprallen', deutsch etwa Widerstandsfähigkeit) beschreibt die Toleranz eines Systems gegenüber Störungen.
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 Sensible Menschen
haben ein Gespür
für Scheinheiligkeit,
Hinterlist und Unehrlichkeit.
Sensible Menschen
nehmen mit ihren Sinnen
mehr auf als andere.

Sie sind wegen ihrer Gutmütigkeit
anfälliger für Verletzungen
als die meisten.
Leider haben sie nicht immer
ein dickes Fell
und nehmen sich vieles
sehr zu Herzen.

Sie haben manchmal
nah am Wasser
gebaut und fallen tiefer als andere,
wenn ihre Seele verletzt wird!

Sie sind herzlich,
verständnisvoll
und können sich
gut in die Lage anderer
hineinversetzen.

Sie sind hilfsbereit
und geben sehr oft mehr als
sie selber nehmen!

Man wird ihre Nähe
zu schätzen wissen,
denn sie haben die Sonne
im Herzen
und das spiegelt sich
in ihrem strahlenden
Lächeln wieder!

Es sind meistens Menschen,
die in ihrem Leben
schon viel durchmachen
mussten und
dadurch geprägt sind.

(Christian Grzesiak, leicht abgeändert)

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